Straßenfotografie
Welch ein wunderbarer Begriff! Seit Henri Cartier-Bresson, dem diese Art der Fotografie wohl als erstem zugeschrieben wurde, gibt es kaum einen Bereich, der so viele Facetten umfasst wie die Straßenfotografie. Architektur, Porträt, Alltagsszenen, ungewöhnliche Stadtszenen, Struktur, … niemand vermag den Begriff genau zu definieren und einzugrenzen. Ja, es gibt den einen oder anderen, der sagt: Menschen müssen mit auf dem Bild sein. Aber mit zunehmenden Restriktionen zumindest in Deutschland, die zur Folge haben, dass Menschen möglichst nur noch unkenntlich dargestellt werden, verliert auch eine solche Forderung an Bedeutung.
Ja, man kann Menschen von hinten oder als Silhouette abbilden. Aber hat das noch mit einem Kunstverständnis zu tun? Es liegt an jedem selbst – und das ist das Schöne an dem Begriff – für sich zu definieren, was Straßenfotografie bedeutet. Und das führt auf der anderen Seite auch dazu, dass jeder seinen eigenen Begriff von der Fotografie auf der Straße finden muss.
Mein Verständnis ist nicht nur von den Arbeiten Cartier-Bressons geprägt. In meiner Arbeit sind die besten Fotografien die, die Menschen in alltäglichen, vielleicht typischen Situationen oder in ganz besonderen Situationen darstellen. Die Fotos erzählen im besten Fall Geschichten von der Stadt, von den Menschen, von der Gesellschaft. Dabei sehe ich den Menschen gern ins Gesicht.
Eines Tages hielt ich die Kamera auf die Hauptstraße eines Stadtteils gerichtet, als mich jemand ansprach. “Hey, mach doch mal ein Foto von mir!” verlangte der Rollstuhlfahrer. Ich erfüllte ihm gern den Gefallen, und es wurde, zumindest meiner Ansicht nach, eines meiner besten Fotos überhaupt. Seither versuche ich, Menschengesichter mit größtmöglichem Respekt zu fotografieren. Meine Erfahrung bis heute ist: Wenn es dir gelingt, die Seele in den Augen der Menschen einzufangen, brauchst du dazu keine richterliche Erlaubnis. Dann verstehen die Fotografierten, dass du es gut meinst mit ihnen.